Dienstag, 19. März 2024
Home > Berlin > Polizei Berlin im Kampf mit der organisierten Kriminalität

Polizei Berlin im Kampf mit der organisierten Kriminalität

Organisierte Kriminalität

In der vergangenen Woche erneut über in Berlin und Brandenburg vermisste vietnamesische Kinder und Jugendliche berichtet. Zudem steige die Anzahl illegal eingereister Minderjähriger aus Vietnam. Offenbar stecken international agierende Schleuserbanden dahinter. Allein in Berlin wurden nach Informationen des Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) seit 2012 insgesamt 474 minderjährige Vietnamesen als vermisst gemeldet, über deren Verbleib die Polizei auf Nachfrage keine Angaben machen konnte. Nach diesem rbb-Bericht bemühte sich die Polizei Berlin in einer umfangreichen Pressemitteilung, den Eindruck von Untätigkeit zu entkräften.
Die Tatmuster des Menschenhandels sind in der Regel sehr schwer aufzudecken, weil die Opfer in der Regel schnell und heimlich verlegt werden. Hinweis und Zeugenaussagen können zudem nur aus den abgeschotteten ethnischen Milieus selbst kommen.

Die Pressemitteilung der Polizei Berlin wird hier unkommentiert wiedergegeben.

Die Polizei Berlin stellt sich der organisierten Kriminalität mit all ihren Facetten

„Die Polizei Berlin stellt sich der organisierten Kriminalität mit all ihren Facetten. Hierunter fallen auch die Erscheinungsformen des Menschenhandels, der Schleusung, der Ausbeutung. Diese gravierenden Delikte stellen einen der Ermittlungsschwerpunkte dar.
Das Einschleusen vietnamesischer Staatsbürgerinnen und -bürger über Osteuropa ist ein bekanntes Phänomen und wird, ebenso wie die Schleusung aus anderen Staaten, im Rahmen von komplexen Ermittlungsverfahren bekämpft. Angaben bzw. Detailinformationen zu einzelnen Ermittlungsverfahren unterliegen der Geheimhaltung und können nicht bekanntgegeben werden. Sehr wohl lassen sich jedoch Aussagen im Allgemeinen treffen.

Die Schleuserbanden nutzen primär den Landweg nach Deutschland. Vorrangig wird eine Route aus Polen nach Berlin gewählt, Strecken aus Rumänien und Ungarn sind ebenfalls bekannt. Berlin und Deutschland stellen dabei meist nicht das eigentliche Ziel der Schleusung dar und sind vielmehr nur Etappe, Transitstadt bzw. -land. Bei dem Dong Xuan Center handelt es sich in diesem Kontext um einen sporadischen Anlaufpunkt für Schleuserfahrten. Wesentlich häufiger wird auf „sichere Unterkünfte“ zurückgegriffen, die der Zwischenunterbringung von Geschleusten dienen. Grundsätzlich ist eine Weiterreise nach Großbritannien, vereinzelt auch in andere Staaten, geplant. Dennoch kommt es dazu, dass bereits in Berlin Kosten für die Schleusung erbracht werden müssen, bevor eine Verbringung in ein anderes Land ermöglicht wird. Die nach Berlin geschleusten Personen werden hierfür zu unterschiedlichsten Tätigkeiten – vom Auspacken, Einräumen von Ware, Erbringen von Dienstleistungen, Aufräumen, Reinigen bis hin zu Tätigkeiten in der Gastronomie – herangezogen. Auch der Handel mit unversteuerten Zigaretten fällt hierunter. Fälle, in denen Personen zur Prostitution gezwungen wurden, sind bisher nicht ermittelt worden.

Die verschiedenartigen Delikte werden häufig im Rahmen gewerberechtlicher oder allgemeiner Kontrollen festgestellt und bearbeitet. Ein unmittelbarer Bezug zur vorangegangenen Einschleusung besteht dabei erst einmal nicht und muss bei Vorliegen entsprechender Indizien im Zuge der Ermittlungen herausgearbeitet werden.

Illegal Aufhältige führen grundsätzlich keine Ausweispapiere mit, sodass bei Kontrollen vorerst die Angaben der Überprüften Verwendung finden. Personen, die angeben minderjährig zu sein, werden, so das äußere Erscheinungsbild dem nicht entgegensteht, als Kinder bzw. Jugendliche erfasst. Diese werden nach den polizeilichen Maßnahmen Kinder- bzw. Jugendeinrichtungen zugeführt, von wo aus sie sich eigenständig entfernen. Es ist davon auszugehen, dass diese wieder illegal einer Tätigkeit nachgehen, um die Fortsetzung der Schleusung finanzieren zu können.

Unabhängig der hier in Rede stehenden Schleuserkriminalität wurden im Zeitraum von 2012 bis 2019 etwa 40.000 Kinder und Jugendliche als vermisst gemeldet. Die Polizei Berlin geht jedem dieser Sachverhalte nach. Im ganz überwiegenden Gros der Fälle werden die Vermissten wieder aufgefunden, angetroffen, aufgegriffen oder kehren alleine wieder zurück – das gilt auch für die in diesem Zeitraum angezeigten 472 Fälle vermisster Minderjähriger vietnamesischer Herkunft. In den Fällen, in denen dies nicht erfolgt, ermittelt die Vermisstenstelle der Polizei Berlin auch über Jahre hinweg.

In 2018 wurden 58 Personen vietnamesischer Herkunft, die angaben minderjährig zu sein, als vermisst gemeldet. Im 5-Jahres-Vergleich bettet sich diese Zahl in den grundsätzlich fallenden Trend ein (2014: 127 Fälle).

Die organisierten Strukturen, das klandestine Vorgehen und der hohe Grad an Verschwiegenheit erschweren die Ermittlungen immens. Dennoch oder gerade deshalb fokussiert sich das Landeskriminalamt Berlin mit seiner Abteilung 4 auf die unterschiedlichen Facetten der organisieren Kriminalität und damit auch auf Taten der Schleusung und des Menschenhandels.

Ziel ist es Menschen aus dem Griff der Schleuserbanden zu befreien und die Strukturen, die eine solche systematische Ausbeutung ermöglichen, zu zerschlagen.

Pressemitteilung der Polizei Berlin | 21.06.2019