In einem dramatischen Appell an die Politik warnen 300 Wissenschaftler vor den Folgen der Kita-Krise. Personalnot und zu große Gruppen widersprächen den Grundbedürfnissen und Rechten von Kindern.
Erziehungswissenschaftlerin Rahel Dreyer an der Alice-Salomon-Hochschule in Berlin warnt vor irreparablen Folgen. — In einem offenen Brief fordert sie deshalb mit einigen hundert Kollegen aus dem Früherziehungsbereich mehr Geld und mehr Personal für Kindergärten.
Miriam Stiehler, Vorschulleiterin und promovierte Sonderpädagogin kritisiert das gesamte Kita-System:
Die hausgemachte Kita-Krise ist nicht mit Geld zu lösen ( Cicero | 28.09.2024 )
Ihre These: „Seit langem hat es keine so unausgeglichene, stimmungsgetriebene, zugleich anspruchsvolle und labile Generation von Kleinkindern gegeben wie die aktuellen Kindergartenjahrgänge. Das Hauptproblem ist aber nicht das Geld, sondern die aktuelle Kita-Ideologie.“
In einem wichtigen Beitrag wird sie ganz deutlich: „Es ist eine schleichende Fehlentwicklung, die Eltern und Großeltern spüren, aber nur schwer in Worte fassen können. Ihre Folgen sind vergleichbar mit der Migrationskrise und dem wirtschaftlichen Abschwung, denn hier wächst eine Generation heran, der ganz wesentliche Bausteine für Resilienz und Bildung fehlen. Doch auch dieses Problem ist nicht durch mehr Geld zu lösen. Es ist eine Folge fataler ideologischer Irrtümer. Viele davon verdanken wir dem erfolgreichen Marsch durch die Institutionen, den die Feinde der „Offenen Gesellschaft“, wie Karl Popper sie wirklich verstand, vor über fünfzig Jahren angetreten haben.“
Am Personalschlüssel kann es nicht liegen
Miriam Stiehler vermittelt eine interessante Erkenntnis: „An sich könnte man mit dem Geld und dem Personalschlüssel, den wir in Deutschland haben, wunderbar auskommen. Es ist die Art, wie in Kindergärten gearbeitet wird, die bei Kindern und Erziehern zu enormem seelischem Stress führt. In Bayern zum Beispiel kommen im Durchschnitt acht Kinder auf eine Erzieherin. In Frankreich sind es 24. Bei Krankenstand erhöht sich die Belastung, doch das Grundverhältnis bleibt sehr unterschiedlich.“
Sie kritisiert eine völlig fehlgeleitete Vorstellung von „Kindzentrierung“, „Selbstbildung“, „Partizipation“ und „Autonomie,“ die enormen Einfluss auf die praktische Arbeit in Kindergärten haben.
Und sie hebt die Herangehensweise in Kitas in Frankreich hervor, in denen die école maternelle fünf Ziele verfolgt: „Das Kind soll sich als Individuum in die Gemeinschaft einfügen lernen. Es soll die französische Sprache in all ihren Facetten beherrschen: mündlich, schriftlich, literarisch. Es ist festgeschrieben und selbstverständlich, dass die Kinder am Ende des Vorschuljahres alle Buchstaben beherrschen, 30 Wörter als Ganzwörter lesen können und eine ganze Menge Lieder auswendig kennen.“
Der Beitrag vermittelt für deutsche Eltern überraschende Erkenntnisse und ist lesenswert.
Eine Erkenntnis muss unbedingt noch hinzugefügt werden: Eltern sollten auch in ihren Kita-Alltag hinein schauen, und sich mit den pädagogischen Bedingungen kritisch-konstruktiv auseinander setzen! Und sie solten Ihre Elternrechte und elterliche Verantwortung nicht allein durch überbordende Kindersozialarbeit wegdefinieren lassen – und selbst aktiv den Sozialraum der Kinder mitgestalten!
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